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ELF: Liga von Hamburger Football-Bossen vor Aus – exklusive Hintergründe

  • Autorenbild: A.T.
    A.T.
  • 23. Juli
  • 5 Min. Lesezeit

Hamburg. 2021 gründeten Zeljko Karajica und Patrick Esume die Europaliga. Worum es beim Streit geht – und wie konkret die Abspaltungspläne sind.

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„Hamburg wird Europas Football-Herz“:

So titelte das Abendblatt am 5. November 2020, als bekannt wurde, dass Deutschlands bekanntester American-Football-Experte Patrick Esume 2021 eine neue Europaliga des beliebten US-Sports gründen wird. Rund ein halbes Jahr später ging die European League of Football (ELF) dann auch tatsächlich an den Start, die Hamburg Sea Devils wurden in der ersten Saison unter acht Teams Vizemeister.

Vier Jahre später läuft derzeit die fünfte ELF-Spielzeit, es gibt 16 Teams aus neun Ländern. Erst am 12. Juni 2025 stellte die ELF, bei der der Hamburger Sport-Investor Zeljko Karajica (54) die wirtschaftlichen und Esume als Commissioner die sportlichen Geschicke leitet, drei neue Investoren vor. Die Private-Equity-Firmen Goal Line Sports LLC (New York), 885 Capital Limited (Dubai) und Oakvale Ventures Limited LLC (London) würden die

„Expansionspläne zweifellos beschleunigen“,

sagte ELF-Geschäftsführer Karajica.

American Football: Zusammenschluss von ELF-Teams kritisiert Liga hart

Ob es zu diesem Wachstum noch kommen wird, ist derzeit allerdings äußerst fraglich. In Wahrheit steht die ELF vor dem Aus. Widerstand regt sich innerhalb der Liga, bei der die Teams wie im US-Sport keine Vereine, sondern Franchises sind, bereits seit mehreren Jahren. Nun haben sich acht renommierte Teams – Rhein Fire, Frankfurt Galaxy, Madrid Bravos, Paris Musketeers, Tirol Raiders, Vienna Vikings, Prague Lions und die Wroclaw Panthers – zur European Football Alliance (EFA) zusammengeschlossen. (Anm.: seit 22.07.2025 ist auch Nordic Storm der EFA beigetreten)

Die Interessensgemeinschaft übte in den vergangenen Tagen scharfe Kritik an der ELF – und forciert jetzt eine Abspaltung. Man wolle die Zukunft des American Football in Europa

„unabhängig von der bisherigen Struktur der European League of Football“

aktiv mitgestalten, heißt es hierzu etwa in einem schriftlichen Statement.

EFA: Einnahmen der ELF werden „deutlich zu spät oder gar nicht ausgezahlt“

Ein zentraler Kritikpunkt ist die Ausschüttung von Einnahmen aus den Bereichen TV (DAZN), Sponsoren (Gazi, Euronics, etc.) und Merchandising. In den Franchise-Verträgen ist dabei geregelt, dass die zentral von der ELF generierten Einnahmen nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel an die einzelnen Teams weitergegeben werden. Der genaue Prozentsatz ist den einzelnen Franchises bekannt, nicht aber, wie groß die Gesamteinnahmen sind. Transparenz? Die fehlt – zumindest laut dem Statement. Die Franchises erhalten

„keine belastbaren Informationen zu zentralen Einnahmequellen wie TV-Verträgen, Sponsorenvereinbarungen oder Merchandising-Umsätzen“,

schreibt die EFA.

„Einnahmen werden teils deutlich zu spät oder gar nicht an die Franchises ausgezahlt. Offene Forderungen gegenüber den Franchises bleiben bestehen.“

In Hintergrundgesprächen, die das Abendblatt mit Vertretern der EFA führte, heißt es, dass im vergangenen September bei einem Treffen mit der Ligaspitze eine TV-Einnahmen-Summe genannt worden, diese zwei Monate später aber um fünf Millionen Euro nach unten korrigiert worden sei. Ein Team habe zuletzt sogar der Liga gedroht, die TV-Crew nicht mehr ins Stadion zu lassen, wenn die ELF die versprochenen TV-Einnahmen nicht überweise. Anschließend sei es zu einer Zahlung gekommen, andere Teams, die weniger Druck ausübten, warten angeblich bis heute.

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Hamburg Sea Devils und Cologne Centurions gelten als „Karajica-Clubs“

Darüber hinaus fordert die EFA

„klare Regelungen zu Interessenkonflikten und Eigentumsverhältnissen“.

Angesprochen fühlen darf sich da in erster Linie Karajica, der neben seinem Job als Liga-Geschäftsführer auch Mehrheitsgesellschafter der Hamburg Sea Devils ist. Zudem gelten die Cologne Centurions ebenfalls als Karajica-Team, wenngleich diese Besitzstruktur deutlich schwieriger zu durchdringen ist.

Wer die Website der Kölner Franchise besucht, findet lediglich ein Foto von Centurions-Spielern, kein Untermenü und auch kein Impressum. Nur über das Impressum des Fanshops ist zu erfahren, dass die Centurions-Betreibergesellschaft „CH Sport Betreiber GmbH“ gar nicht in Köln sitzt, sondern in München-Unterföhring. An der Adresse in der Bahnhofstraße 18 befindet sich auch das Büro von ELF-Boss Karajica, registriert ist die Liga offiziell in Hamburg am Großen Grasbrook 9.

Centurions, Enthroners und Mercenaries sind sportlich chancenlos

Geschäftsführer der neuen Centurions-Betreibergesellschaft ist seit einigen Monaten Senad Mecavica. Dieser ist nach Abendblatt-Informationen eng mit Karajica-Sohn Ivan befreundet und eigentlich Geschäftsführer der Videoproduktions-Agentur Novel Media GmbH, die ebenfalls in der Bahnhofstraße 18 in Unterföhring sitzt. Als Co-Besitzer wurde in Köln Kevin Tewe vorgestellt. Wenige Wochen zuvor hatte Tewe auf LinkedIn geschrieben:

„Ich hab richtig Lust, in Köln in einen Sportverein zu investieren. Egal ob Fußball, Basketball oder Football.“

Am Ende wurde es Football. Dass gegen die vorherige Centurions-Betreibergesellschaft, die Cologne Football Betreiber GmbH, Ende März ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, teilte die Franchise bei der Vorstellung ihrer neuen Doppelspitze Mecavica/Tewe nicht mit. Sportlich sind die Centurions in dieser Saison ebenso wie die Fehervar Enthroners (Ungarn) und die Helvetic Mercenaries (Schweiz) chancenlos, verloren jedes Spiel, am vergangenen Wochenende erst mit 10:74 gegen Frankfurt.

Vier Teams zogen sich bereits infolge finanzieller Probleme zurück

Finanzielle Probleme gibt es nach übereinstimmenden Berichten auch an anderen Standorten, bei Berlin Thunder läuft derzeit nach diversen Geschäftsführerwechseln ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, die Istanbul Rams, Leipzig Kings, Milano Seamen und Barcelona Dragons hatten sich bereits im Laufe der vergangenen Jahre schrittweise zurückgezogen.

Karajica soll mit seiner SEH Sports & Entertainment Holding derweil nicht nur in der ELF, sondern auch bei anderen Sport-Investments in finanziellen Schwierigkeiten stecken. Nur zwei medial bekannte Beispiele aus dem Fußball: In Österreich ist der Karajica-Club Austria Klagenfurt gerade erst in die Zweite Liga abgestiegen, hatte zuletzt mehr als 700.000 Euro Schulden beim österreichischen Goldhändler Helmut Kaltenegger. In Deutschland steht das Karajica-Projekt Viktoria Berlin, in der Saison 2021/22 noch Drittligist, nach dem Abstieg aus der Regionalliga vor dem Aus, das Insolvenzverfahren wurde Anfang Juni eröffnet.

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EFA stellt der ELF ein Ultimatum bis zum 7. September

Zurück zum Football: Während die EFA der ELF ein Ultimatum bis zum Saisonfinale am 7. September gestellt hat, um auf die Forderungen einzugehen, zeichnet sich keine Lösung ab. Auf Abendblatt-Anfrage heißt es schriftlich von der Liga:

„Die ELF hat die Gründung der EFA und manche Aussagen einzelner Mitglieder zur Kenntnis genommen. Die ELF ist immer offen für konstruktive Kritik, und es besteht zu unzähligen Themen in verschiedenen Bereichen ein regelmäßiger Austausch mit Vertretern aller Franchises.“

In Hintergrundgesprächen mit EFA-Verantwortlichen wird diese Aussage zurückgewiesen, mit Karajica bestehe bereits seit geraumer Zeit kein Austausch mehr. Ohnehin habe man bereits seit drei Jahren Veränderungen gefordert, sei bei Treffen in Frankfurt, Düsseldorf oder Wien aber mit leeren Versprechungen vertröstet worden.

„Die ELF wurde erst 2020 gegründet und ist seither massiv gewachsen. Klar ist, dass nicht alle Prozesse schon perfekt verlaufen. Es wird gemeinsam mit allen Partnern hart daran gearbeitet, die Entwicklung weiter voranzutreiben“,

heißt es weiter im ELF-Statement.

„An der Diskussion um einen möglichen Ausstieg einzelner Teams beteiligt sich die ELF nicht. Das wäre auch müßig, schließlich bestehen klare vertragliche Regelungen zwischen Liga und Franchises.“

Esume und Karajica standen auf Abendblatt-Anfrage nicht für direkte Gespräche zur Verfügung.

Am Dienstagmittag schloss sich derweil in Nordic Storm eine weitere Franchise der EFA an, weitere Teams werden nach Abendblatt-Informationen folgen. Aus dem zunächst losen Zusammenschluss, der in der Vergangenheit noch ELF Franchise Association hieß, ist mittlerweile ein rechtliches Konstrukt geworden, Mitglieder zahlen in einen Fonds ein, entwickeln neue Strukturen.

Europas Football-Herz dürfte weiterschlagen – wahrscheinlich aber nicht mehr in Hamburg und auch nicht in der ELF.

Grafik ©️ EFA
Grafik ©️ EFA

Alfred Tkaczuk

Vienna Vikings ALL IN

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