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ELF: 42 Vollstreckungs-Verfahren gegen Sea Devils und ELF

  • Autorenbild: A.T.
    A.T.
  • 29. Juli
  • 4 Min. Lesezeit

Hamburger Abendblatt: Nach dem Bruch von Commissioner Patrick Esume mit ELF-Geschäftsführer Zeljko Karajica gibt es neue Details. Dienstleister sind sauer.

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Als Patrick Esume im Jahr 2020 gemeinsam mit Sportinvestor Zeljko Karajica die European League of Football (ELF) gründete, sprach der Hamburger in Interviews gerne von „competitive balance“. In seiner neuen American-Football-Europaliga sollten – im Gegensatz zur vom Verband organisierten German Football League (GFL) – keine überdeutlichen Ergebnisse vorkommen.

Inzwischen hat nicht nur Esume am vergangenen Freitag wegen

„unüberbrückbarer Differenzen bezüglich der Führung und finanziellen Gestaltung der ELF mit deren Geschäftsführer Zeljko Karajica“

seinen Rücktritt als Mitgesellschafter und Commissioner der ELF verkündet, sondern es ist offenbar auch die sportliche Augenhöhe völlig abhandengekommen. Die 0:48-Pleite der Hamburg Sea Devils bei Stuttgart Surge war am vergangenen Wochenende im Vergleich zum 7:69 von Berlin Thunder gegen Rhein Fire fast schon knapp, das 7:74 der Cologne Centurions gegen die Paris Musketeers rief ebenfalls eher Mitleid als Häme hervor.

ELF wollte sich als Profi-Football-Liga etablieren

Ambitioniert war das Projekt, in Europa eine professionelle Football-Liga nach amerikanischen Vorbild, also mit einer Franchise- statt einer Vereinsstruktur, zu etablieren, von Anfang an. 2021 war die ELF noch mit acht Teams aus drei Ländern gestartet, in der derzeit laufenden, fünften Saison sind es 16 Teams aus neun Ländern. Neben den vielen neu hinzugekommen Standorten zogen sich die Istanbul Rams, Leipzig Kings, Milano Seamen und Barcelona Dragons bereits im Laufe der vergangenen Jahre angesichts finanzieller Probleme zurück, bei den Berlin Thunder läuft derzeit ein Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung.

Auch bei den Sea Devils und der ELF, bei denen Zeljko Karajica mit seiner SEH Sports & Entertainment Holding jeweils Mehrheitsgesellschafter ist, gab und gibt es finanzielle Auffälligkeiten. Wie das Abendblatt in Gesprächen mit zahlreichen Dienstleistern aus den Bereichen Sicherheit, Catering, Eventtechnik und Gebäudereinigung erfuhr, zahlten die Sea Devils in den vergangenen Jahren viele Rechnungen nicht oder nur verspätet.

Catering-Dienstleister erhielt sein Geld beispielsweise erst nach einer Kontopfändung

Insbesondere in der vergangenen Saison, als die Hamburger Franchise ihre Heimspiele unter anderem in Bremen, Hannover und Lübeck austrug, kam es zu solchen Fällen. Das Catering-Unternehmen Brainchildz teilte etwa auf Anfrage mit, sein Geld erst nach einer Inkasso-Beauftragung, Mahn- und Vollstreckungsbescheiden sowie einer Kontopfändung erhalten zu haben.

Zu Beginn habe er mit Sea-Devils-Geschäftsführer Mark Weitz noch regelmäßig Kontakt gehabt, sagte Brainchildz-Geschäftsführer Mikel Wardenga.

„Nach mehrmaligen Zahlungserinnerungen, Kommunikationsaustausch und Vertröstungen blieb die Zahlung des knapp fünfstelligen Betrags weiterhin vollständig aus. Anschließend haben wir trotz mehrerer Kontaktversuche niemanden erreichen können“,

sagt Wardenga.

„Nach einer letzten Mail und einer Androhung einer Anzeige wegen gewerblichen Betruges ist das Geld über das Inkassounternehmen nach ca. 12 Monaten an uns geflossen.“

Oberlandesgericht Hamburg bestätigt 16 Vollstreckungsverfahren gegen die Sea Devils

Wie die Gerichtspressestelle des Oberlandesgerichts Hamburg bestätigte, laufen und liefen insgesamt 16 Vollstreckungsverfahren am Amtsgericht Hamburg (zwei in 2022, acht in 2024 und bislang sechs in 2025) gegen die Sea-Devils-Betreibergesellschaft SEH Football Betreiber GmbH. Zudem gab es gegen die SEH Football Betreiber GmbH seit 2021 fünf zivilrechtliche Verfahren am Landgericht Hamburg. Ausschließlich Dienstleistern sind diese nicht zuzuordnen.

Die Hamburg Sea Devils trugen die meisten ihrer ELF-Heimspiele im Stadion Hoheluft aus. Eine Zukunft scheinen weder das Team noch die Liga zu haben.
Die Hamburg Sea Devils trugen die meisten ihrer ELF-Heimspiele im Stadion Hoheluft aus. Eine Zukunft scheinen weder das Team noch die Liga zu haben.

Auch bei der ebenfalls in Hamburg ansässigen Liga gibt es ähnliche Vorgänge. Hierzu bestätigte das Hamburger Oberlandesgericht, dass gegen die European League of Football GmbH zwei zivilrechtliche Verfahren und 26 Vollstreckungsverfahren (jeweils eins aus 2022 und 2023, 16 aus 2024 und bislang acht aus 2025) am Amtsgericht Hamburg liefen. Zudem gebe es seit 2023 insgesamt sechs zivilrechtliche Verfahren am Landgericht.

Hinter Vollstreckungs- und Klagverfahren kann der gleiche Titel stecken

Bezüglich der Muttergesellschaft SEH Sports & Entertainment Holding GmbH gibt es zudem ein erledigtes zivilrechtliches Verfahren am Amtsgericht sowie ein laufendes zivilrechtliches Verfahren am Landgericht. Grundsätzlich gilt, auch bei den Verfahren der Sea Devils, dass hinter dem Vollstreckungs- und Klagverfahren unter Umständen der gleiche vollstreckbare Titel steckt, es sich insgesamt aber auch nur um Hamburger Verfahren handelt.

Auf Abendblatt-Anfrage antwortete die Medienrechtsanwaltskanzlei Schertz Bergmann stellvertretend für die SEH Sports & Entertainment Holding GmbH und damit auch die Betreibergesellschaften von ELF und die Sea Devils. Die Kanzlei weist darauf hin, dass die Vollstreckungsverfahren

„fast ausnahmslos beendet sind, weil die Mandantinnen die offenen Beträge gezahlt haben. Die Verfahren können mithin keinen belastbaren Beleg für die aktuelle finanzielle Situation und die Liquidität unserer Mandantinnen liefern.“
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„Im Geschäftsleben übliche Auseinandersetzungen“

Auch das Zivilverfahren vor dem Landgericht Hamburg gegen die SEH Football Betreiber GmbH sei beendet und nicht mehr anhängig. Gleiches gelte für das vor dem Amtsgericht Hamburg geführte Zivilverfahren gegen die SEH Sports & Entertainment Holding GmbH.

„Soweit noch Zivilverfahren gegen die European League of Football GmbH und die SEH Sports & Entertainment Holding GmbH anhängig sind, handelt es sich um Verfahren, die geführt werden, weil zwischen der jeweiligen Klägerseite und unseren Mandantinnen unterschiedliche Auffassungen über die Begründetheit der geltend gemachten Ansprüche bestehen. Es handelt sich insofern um im Geschäftsleben übliche Auseinandersetzungen, die wiederum keinerlei Beleg für die Finanzlage beziehungsweise Liquidität unserer Mandantinnen haben“,

heißt es zudem.

Für Patrick Esume steht derweil bereits jetzt fest, dass er die ELF verlassen wird.

„So eine Entscheidung mitten in der Spielsaison treffen zu müssen, ist nicht schön, aber insbesondere im Hinblick auf das mir entgegengebrachte Vertrauen der Teams, Gesellschafter, unserer Geschäftspartner und allen voran der Fans, das nicht weiter enttäuscht werden darf, absolut notwendig“,

sagte er. Bis zum Saisonfinale am 7. September steht Esume noch als Commissioner bereit, dann endet die Zeit bei seinem europäischen Footballprojekt endgültig.

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Auf Instagram schrieb Esumes Freund und Geschäftspartner Björn Werner, der sich einst selbst bei Berlin Thunder engagiert hatte:

„Ich wünschte, die ganze Wahrheit würde irgendwann ans Licht kommen. Patrick hat mehr geopfert, als die meisten je wissen. Was hier nach einem harmonischen Abschied aussieht, war in Wahrheit ein langer, schmerzhafter Kampf hinter den Kulissen.“

Unterdessen fanden nach Abendblatt-Informationen in den vergangenen Tagen weitere Meetings der European Football Alliance (EFA) statt. Zunächst hatten sich die neun ELF-Teams – weitere dürften zeitnah folgen – zusammengeschlossen, um Änderungen (mehr Professionalität und finanzielle Transparenz) in der bestehenden Liga-Struktur herbeizuführen. Hierzu, so der EFA-Konsens, dürfte es jedoch nicht mehr kommen. Stattdessen konzentriert sich die Vereinigung nun auf die Gründung einer neuen Liga.


Alfred Tkaczuk Vienna Vikings ALL IN


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