Football-Boom im DACH-Raum: Was vom NFL Berlin Game bleibt
- A.T.

- vor 2 Tagen
- 6 Min. Lesezeit
Über 72.000 Fans im Stadion, in der Spitze bis zu 1,21 Millionen vor den Bildschirmen: Das NFL Berlin Game 2025 hat einmal mehr gezeigt, dass American Football in der DACH-Region boomt. Was vom Football-Fest in Berlin übrig bleibt und wie Liga, Teams und Co. versuchen, den Schwung mitzunehmen.

Das Berliner Olympiastadion hat schon einmal bessere Zeiten erlebt. Hertha BSC Berlin, das hier seine Heimspiele austrägt, kämpft um die Rückkehr in die deutsche Bundesliga. Der Alltag in der zweiten Liga ist – trotz aktuellem sportlichem Höhenflug – eher trist. Nur einmal war die Arena in der Saison 2025/26 ausverkauft. Im Schnitt kommen circa 50.000 Zuschauer:innen. Über 20.000 Plätze bleiben leer.
Nicht aber am 9. November. Da ist das Olympiastadion bis auf den letzten Platz gefüllt. Nicht etwa wegen eines Hertha-Spiels oder eines der zahlreichen DFB-Pokal-, WM- oder EM-Endspielen, die hier bereits stattgefunden haben. Der Grund ist das erste Regular Season-Spiel der National Football League auf Berliner Boden. Die Indianapolis Colts empfangen die Atlanta Falcons – es sollte ein Football-Fest werden.
Zahlen untermauern Football-Boom
Football sticht an diesem Wochenende in der deutschen Hauptstadt König Fußball aus. Der Hype um das Berlin Game 2025 – das insgesamt fünfte offizielle NFL-Spiel auf deutschem Boden nach jeweils zwei Partien in München und Frankfurt – beweist, dass der Sport im DACH-Raum immer noch boomt. NFL Germany spricht mittlerweile von knapp 21 Millionen Football-Fans in Deutschland. Und auch in Österreich zeigt der Trend klar nach oben.
Die Breite an Aktivitäten war größer als je zuvor und das in einer Stadt wie Berlin, in der ohnehin schon viel Entertainment geboten ist. Im Bereich Merchandise war es das erfolgreichste Germany Game, das wir je hatten.
Alexander Steinforth, Managing Director NFL Germany
Neben den 72.203 Fans im vollen Olympiastadion verfolgten im Schnitt knapp 814.000 Zuschauer:innen das Spiel bei RTL und durchschnittlich sechs Millionen bei NFL Network. Auch abseits des Football-Feldes werden Erfolgszahlen vermeldet: 20 NFL-Partner – lokal wie global – waren vor Ort mit Aktivitäten und Events vertreten. In der Woche des Berlin Games verzeichneten die Social-Media-Kanäle der NFL Germany 58 Millionen Post-Impressions und 42 Millionen Videoaufrufe.
Die durchschnittliche Hotelbelegung in Berlin lag in den Nächten von 7. bis 10. November um 25 Prozent über dem Schnitt des Vorjahres. Zum offiziellen NFL-Merchandise-Shop am Potsdamer Platz pilgerten bereits in den Tagen vor dem Spiel Menschenmassen. Eine emotionale Choreo begleitet zu den Klängen von „Wind of Change“ und ein elektrisierendes Spiel, das die Colts in Overtime für sich entschieden, taten ihr Übriges.

„Wir sind sehr zufrieden. Die erste Austragung in einer neuen Stadt ist immer wieder eine gewisse Herausforderung. Die Zusammenarbeit mit dem Olympiastadion, aber auch mit dem Land Berlin hat sehr gut funktioniert. Die Breite an Aktivitäten, welche wir hatten, war größer als je zuvor, und das in einer Stadt wie Berlin, in der ohnehin schon viel Entertainment geboten ist. Die elf NFL-Teams, die Marketingrechte in Deutschland haben, waren alle vor Ort präsent. Im Bereich Merchandise war es das erfolgreichste Germany Game, das wir je hatten“,
zieht Alexander Steinforth, Managing Director der NFL Germany, einen Monat nach dem Spiel ein positives Fazit.
Blick geht Richtung Super Bowl
Ein knappes Jahr an Planung steckt hinter der Organisation des Berlin Game 2025. Bereits Monate vor dem Spiel ging es in die intensive Phase, verrät Steinforth und bekräftigt, dass der Prozess durch die Erfahrungen, die man in München und Frankfurt sammeln konnte,
„mehr und mehr geübt“
sei. Doch was bleibt vom jährlichen Highlight?
Die Arbeit von Steinforth und seinem Team umfasst weit mehr als nur das Germany Game. Aktuell richtet sich der Blick bereits auf die anstehenden Playoffs und die Super Bowl im Februar, wo ein größeres Event im deutschsprachigen Raum stattfinden wird. Auch im Social-Media-Bereich und in der Projektentwicklung ist in Kooperation mit den NFL-Teams einiges geplant. Und: Auch österreichische Fans werden 2026 auf ihre Kosten kommen.
„Es gibt noch nichts, was spruchreif ist, aber klar ist, dass wir diesen spannenden Markt noch intensiver bespielen wollen. Es wird die ein oder andere Aktivität geben“,
verrät Steinforth.

Den Football-Fans in Deutschland wurde 2025 schon einiges geboten. Vergangenen Sommer fand in Düsseldorf in Kooperation mit sechs Teams (Seattle Seahawks, Green Bay Packers, New York Giants, Atlanta Falcons, Indianapolis Colts und New England Patriots) die erste American Football Convention statt. Eine dreitägige Messe, bei der unter anderem der deutsche Ex-Profi Sebastian Vollmer zu Gast war und die über 2.000 Fans anlockte. Flag Football spielte in diesen drei Tagen eine zentrale Rolle und ist generell in der Vermarktungsstrategie im deutschsprachigen Raum fest verankert. Die Gründe dafür: die hohe Anzahl an aktiven Vereinen und Spielern hierzulande und die Aufnahme ins olympische Programm 2028.
Bereits einige Monate zuvor setzten die New England Patriots ein starkes Zeichen in Richtung Nachwuchsförderung und eröffneten in Düsseldorf zwei Spielstätten für Flag Football. Eine Investition in die lokale Infrastruktur, die zeigt, wie ernst es die NFL-Vereine mit der globalen Entwicklung des Sports meinen.
Die Fans in Österreich, Deutschland und der Schweiz sind sehr leidenschaftlich. Wenn sie sich über einen guten Block oder ein starkes Defensive Play freuen, kann man sehen, dass sie auch ein wirklich gutes Verständnis für den Sport haben.
Joe Dorant, Senior Director of International Business Kraft Sports & Entertainment
Local Heroes, Leidenschaft und Football-Verständnis: Gründe für Patriots-Engagement
Apropos New England Patriots: Der Rekord-Super-Bowl-Champion (sechs Titel) ist eine der angesprochenen elf Franchises, welche Marketingrechte für den deutschsprachigen Raum besitzen. Diese werden vom Global Markets Program der NFL zentral vergeben und verwaltet. Joe Dorant, Senior Director of International Business bei Kraft Sports & Entertainment, der Muttergesellschaft der New England Patriots, ist federführend für die Aktivitäten des viert wertvollsten Sportteams der Welt im DACH-Raum verantwortlich.
Im Rahmen des 29. sportsbusiness Breakfast Club war er in Wien zu Gast und sprach unter anderem darüber, warum sich die New England Patriots intensiv um die Marketingrechte bemüht haben:
„Die Fans in Österreich, Deutschland und der Schweiz sind sehr leidenschaftlich. Wenn sie sich über einen guten Block oder ein starkes Defensive Play freuen, kann man sehen, dass sie auch ein wirklich gutes Verständnis für den Sport haben, der ja doch etwas komplizierter ist“,
meint Dorant.

Natürlich spielen „Local Heroes“ in der Vermarktungsstrategie der Teams eine Rolle. Kein Wunder, dass die Indianapolis Colts, bei denen Bernhard Raimann unter Vertrag steht, einer von sechs Rechtehaltern in Österreich sind. Die Patriots haben dank Sebastian Vollmer, der von 2009 bis 2016 in Foxborough spielte und an der Seite von Tom Brady zwei Super-Bowl-Ringe einheimste, historisch gesehen starken Deutschland-Bezug. Auch Jakob Johnson, aktuell bei den Houston Texans aktiv, hat seine NFL-Karriere 2019 bei den Patriots begonnen.
„Wir wissen, dass diese Local Heroes dazu beitragen, dass der Sport noch anfassbarer wird. Diese Athleten, die zeigen, dass man es auch aus Österreich oder Deutschland in eine amerikanische Profi-Liga schaffen kann, helfen dabei, eine Sportart in den jeweiligen Märkten noch größer und relevanter zu machen“,
bekräftigt Steinforth.
Stößt die aggressive Internationalisierungs-strategie an ihre Grenzen?
Die NFL treibt ihre Internationalisierungsstrategie erbarmungslos voran. Fand von 2007 bis 2012, zum Start der International Series, lediglich ein Spiel pro Saison in London statt, explodierte die Zahl speziell in den letzten Jahren. Heuer wurden in London (3), São Paulo, Berlin, Dublin und Madrid insgesamt sieben Regular Season Partien außerhalb der USA ausgetragen. 2026 soll außerdem noch in Melbourne und Mexiko gespielt werden.
Die International Games geben uns die Möglichkeit, unsere Fanbase vor Ort zu vergrößern. Die Spieler haben ebenfalls die Chance, ihre Brand zu promoten.
Joe Dorant
Dass eine solch aggressive Expansion an Grenzen stößt, zeigen die jüngsten Entwicklungen in anderen Sportarten. Im Fußball sorgten zuletzt Spielerproteste dafür, dass das La-Liga-Duell zwischen dem FC Barcelona und dem FC Villareal nicht wie geplant in Miami stattfinden wird. Joe Dorant hat Verständnis für die Bedenken, streicht aber die positiven Aspekte der International Games hervor:
„In Bezug auf die vielen Reisen und die verschiedenen Zeitzonen ist es natürlich nicht immer ganz so einfach, aber ich denke, die Spieler und die Vereine verstehen den Wert dieser International Games. Es gibt uns die Möglichkeit, unsere Fanbase vor Ort zu vergrößern. Die Spieler haben ebenfalls die Chance, ihre Brand zu promoten.“

NFL in Wien?
Steinforth: „Würde mich sehr freuen“
Ob die New England Patriots diese Chance bereits im kommenden Jahr erhalten, ist noch offen. 2023 war man zuletzt zu Gast. Welche NFL-Teams 2026 nach Deutschland reisen, steht noch nicht fest. Ebenso wenig wie der Austragungsort für das Germany Game 2026. Fix ist nur, dass Berlin im kommenden Jahr nicht infrage kommt. In der deutschen Hauptstadt finden 2027 und 2029 zwei weitere Partien statt. Für die kommende Saison dürften München und Frankfurt erneut hoch im Kurs stehen. Auch Düsseldorf soll sich um eine Austragung bemühen. Laut Steinforth sei man gerade in der Finalisierungsphase der Verträge.
Was die weiteren Expansionspläne für die nächsten fünf bis zehn Jahre betrifft, gibt man sich zurückhaltend:
„Wir wollen einfach diesen positiven Trend in Deutschland, Österreich und der Schweiz mitnehmen und fortsetzen und weiter wachsen.“
Ob mehr Saisonspiele in Deutschland in Zukunft einmal denkbar sind?
„Wir wehren uns nicht dagegen, wenn wir die Option bekommen“,
zeigt sich Steinforth nicht abgeneigt, betont aber, dass diese Entscheidung nicht in den eigenen Händen liegt. 2023 fanden bereits einmal zwei Regular Season Spiele in Frankfurt statt, da Mexiko als Austragungsort kurzfristig nicht zur Verfügung stand. Und wie steht es um ein mögliches NFL-Spiel in Wien?
„Das würde mich persönlich sehr freuen“,
meint Steinforth. Das Thema Stadion und Infrastruktur ist dahingehend die größte Hürde.
A.T.





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